Rede der SPD-Fraktion zum Gemeindehaushalt 2003

Veröffentlicht am 30.04.2003 in Kommunalpolitik

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Es gilt das gesprochene Wort.

Rede des stv. Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Rat der Gemeinde Bestwig, Helmut Bolz, zur Verabschiedung der Hauhaltssatzung für das Jahr 2003

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, mit dem Haushalt 2003 befinden wir uns mit einer großen Zahl an Städten und Gemeinden in einer nicht abzustreitenden finanziell äußerst schwierigen Situation. Durch weggebrochene Steuereinnahmen einer-seits und gestiegene Ausgabenlasten andererseits ist auch für die Gemeinde Bestwig nunmehr die finanzielle Notlage an einem Scheitel-punkt angelangt, an dem allerspätestens doch noch die Wende gelingt oder aber der Absturz in die kummunalaufsichtliche Haushaltssicherung. Die Gemeinde Bestwig stünde dann unter Vormundschaft. Damit wären alle freiwilligen Leistungen, die das Profil einer lebendigen Gemeinde gegenüber Vereinen und Bürgern ausmachen Geschichte. Wie kann eine Wende gelingen und das noch im Haushaltsjahr 2003? Sicherlich nicht durch öffentlichkeitswirksam inszenierte Klagen über das Land. Dabei wird zwar dem Bürger - gerade in Zeiten knapper Kassen - recht überzeugend suggeriert, dass man nun gezwungen sei, die Mindereinnahmen durch das Land schlichtweg weiterzureichen. Hierbei wird oftmals vergessen, dass dieser sicherlich missliche Umstand auch die Gemeinde Bestwig nicht der Notwendigkeit enthebt, die eigenen kommunalen Hausaufgaben zu machen, d. h. zunächst – bevor Finanzprobleme einfach an die Bürgerinnen und Bürger weitergereicht werden – auch nach Einsparmöglichkeiten und Einnahmeverbesserun-gen im eigenen Haus zu suchen. Die kommunalen Forderungen an Bund und Land nach Soforthilfen und nach mittelfristig verbesserten Rahmenbedingungen sind umso glaubwürdiger, je klarer wir als Gemeinde Bestwig eigene ernsthafte Konsolidierungsanstrengungen vorweisen können. Unter Konsolidierung versteht die SPD-Fraktion nicht, einzelne Euro- oder Cent-Beträge aus dem Haushaltsentwurf herauszulutschen. Die Finanzkrise der Gemeinde müssen wir vielmehr gemeinsam als echte Chance begreifen, die Strukturen und eingeschliffenen Verfahrensweisen auf den Prüfstand zu stellen, um kurz- und mittelfristig handlungsfähig zu bleiben. Ich darf da noch einmal in Erinnerung rufen, dass wir als SPD-Fraktion in den letzten drei Jahren permanent und penetrant darauf hingewiesen haben, dass das Durchreichen von Lasten an die Bür-gerinnen und Bürger und Unternehmen - ohne das rechtzeitig struk-turelle Veränderunen stattfinden - zu eben diesem Punkt führt, an dem wir uns heute befinden. Dies ist nun keine späte Genugtuung, an der wir uns weiden. Wir alle sitzen immer noch in einem Boot. Schauen Sie, meine Damen und Herren, es ist doch so: In Zeiten voller Kassen steht oft die Schaffung neuer Angebote im Vordergrund, wobei die Wahrung des Vorhandenen als nicht zu hinterfragende Selbst-verständlichkeit erscheint. Nun schafft zumindest der Druck der knapper gewordenen Haushaltsmittel die Möglichkeit, ohne Tabus und geistige Scheuklappen über die Sinnhaftigkeit der von der Gemeinde wahrgenommenen Aufgaben und deren Erledigung zu sprechen. Beharrende Tendenzen und Widerstände gegen Veränderungen in der Verwaltung sind spätes-tens jetzt zu überwinden. Deshalb sollten wir gemeinsam die aktuelle Finankrise nicht an die Klagemauer bringen, sondern sie als Heraus-forderung und Chance für uns als kommunale Selbstverwaltung begreifen. Von daher müssen wir gemeinsam alles auf den Prüfstand stellen, denn mit Einschränkungen - und seien es die Handschellen der faktischen Finanzsituation - lässt es sich besser leben als mit den Schraubzwingen der Haushaltssicherung an den Gelenken. Das ist das eine. Das andere ist, dass wir gegenüber dem Entwurf der Haushaltssatzung nicht bereit sind, die Grundsteuer A und B sowie die Gewerbesteuer über die vom Land beschlossenen sog. fiktiven Steuerhebesätze hinweg festzusetzen. Bei der Gewerbesteuer hätte die ursprünglich vorgesehene Erhöhung um 23 Prozentpunkte mit der zuletzt am 01.01.2002 vorgenommenen innerhalb von 12 Monaten insgesamt 43 Prozentpunkte ausgemacht. Hierin waren wir mit der CDU-Fraktion einig. Dieser Schritt wäre auch in diesen Zeiten kontraproduktiv und Handel, Handwerk und Gewerbe in Bestwig nicht zuzumuten gewesen. Dadurch fehlen aber im Haushalt 2003 gegenüber dem Entwurf der Haushaltssatzung neben einer ohnehin vorhandenen Unterdeckung von 100 TEUR zusätzlich noch rd. 150 TEUR Mindereinnahmen, so dass sich die Deckungslücke auf insgesamt rd. 250 TEUR beläuft. Wären hierbei nicht schon die letzten Mittel in Höhe von rd. 170 TEUR aus der Rücklage entnommen worden, beliefe sich das Defizt auf 420 TEUR. Das heisst in der Folge, unter sonst gleichen Bedingungen, im kommenden Jahr 2004 auch 420 TEUR Minus, weil die Rücklage auf „0“ gefahren wurde. Wie ist das nun alles zu schultern? SPD- und CDU Fraktion sind bekanntlich in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 22.01.2003 aufeinander zugegangen und hatten sich darauf verständigt, über die von der SPD-Fraktion in der Sitzung vorgeschlagen Maßnahmen zur Strukturveränderung noch vor der heutigen Sitzung des Rates zu beraten. Das angestrebte Ziel war ein weitestgehender Konsens über die Vorschläge der SPD-Fraktion im Rahmen eines gemeinsamen Bemühens, die Gemeinde Bestwig vor der kommunalaufsichtlichen Haushaltssicherung zu bewahren. Wir sind zu einem Ergebnis gekommen. Es war zwar kein ganz großer Schritt aus unserer Sicht - was wir bedauern - aber dennoch ein erkennbarer nach vorne. Das begrüßen wir. Und deshalb stimmen wir zu, dass die Haushaltslücke von rd. 250 TEUR im Wesentlichen durch den erwarteten Überschuss der Einnahmen aus dem Rechnungsjahr 2002 gedeckt wird. Nun, was ist im Ergebnis aus den von der SPD-Fraktion in der Haupt- und Finanzausschusssitzung vorgeschlagenen sieben Maßnahmen geworden bzw. worin wurde ein Konsens erzielt? 1. Um nicht unweigerlich im Jahr 2004 in die Haushaltssicherung zu geraten, ist als erste strukturelle Maßnahme das Drei-Säulen-Konzept wird umzusetzen, d. h. die drei möglichen Organstellen nach der Gemeindeordnung NRW
  • Bürgermeister
  • Beigeordneter
  • Kämmerer
übernehmen nach einem Geschäftsverteilungsplan sämtliche Führungsfunktionen im Rathaus (Hauptamt, Finanzabteilung, Bürgeramt, Bauamt, Fremdenverkehrs-amt, letzteres mit dem Ziel einer mittelfristigen Eingliederung in die Touristik-AG). Die Wiederbesetzung der Bauamtsleiterstelle wird dadurch hinfällig. Die verbleibenden Bauingenieure können die im Rahmen eines überschaubaren Vermögenshaushaltes geplanten Maßnahmen auch allein bewältigen. Ergebnis: Es wird ein „Drei-Säulen-Konzept“ umgesetzt. Unter Führung des Bürgermeisters werden ab 01.90.2003 anstelle von bisland vier Abteilungen drei, nämlich 1. Zentrale Steuerung (Personal, Finanzen, Schulen, Sport, Kultur etc.), 2. Bürgermat (Ordnungs- und Sozialamt) und 3. Bauamt eingerichtet. Dabei bedauern wir sehr, dass der Bürgermeister nicht bereit war, die Führung und Leitung einer Abteilung mit zu übernehmen. Das ist der Wermutstropfen! Die im Haushaltsentwurf geplante Stelle des Bauamtsleiters führt allerdings nicht zu der ursprünglich geplanten Neueinstellung. Die Besetzung wird hausintern vorgenommen. Das bringt eine Minderausgabe von 55 TEUR, die in heute vorliegende Beschlussempfehlung bereits eingearbeitet wurde. Das ist ein Erfolg. Dazu gehört auch, dass mit der Zusammenführung der Abteilungen zum 01.09.2003 – und nicht eher – die vorgesehene Beförderung vorgenommen wird. Die durch diese Maßnahmen eingesparten Mittel können der allgemeinen Rücklage zugeführt werden. 2. Den vorgenannten neu strukturierten Abteilungen werden die Budgets entsprechend der gesamten planbaren Einnahmen-entwicklung zugeteilt. Das hat zur Folge, dass Engpässe innerhalb der einzelnen Bereiche zunächst zu einer Aufgabenkritik führen, wodurch Arbeitsabläufe effizienter gestaltet werden können. Dabei ist das in der Mitarbeiterschaft vorhandene Potential an Wissen, Bereitschaft und Kreativität nicht zu unterschätzen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (nicht nur Leitungs- und Führungskräfte), die von Anfang an in die Diskussion einbezogen werden - und zwar ernst genommen und nicht nur pro forma -, die durch die Übertragung von Sach- und Budgetverantwortung motiviert sind und deren Beiträge für Kostenreduzierungsmöglichkeiten z. B. durch ein betriebliches Anreizsystem anerkannt werden, sind in der Lage einen wesentlichen Beitrag zur Aufdeckung von Schwachstellen in der Aufbau- und Ablauforganisation zu entdecken. Daraus können sich Alternativen zur bisherigen Vorgehens- und Denkweise entwickeln. Ergebnis: Das Lenkungs-/Haushaltsgremium wird in der Folge beraten, wie diese Maßnahme umgesetzt werden soll. 3. Aufgaben sind daraufhin zu prüfen, ob
  • durch interkommunale Kooperation eine höhere Effektivität und Effizienz geschaffen werden kann und
  • ein sog. Outsourcing eine wirtschaftlichere Lösung für einzelne Aufgabenfelder darstellen kann.
Ergebnis: Hierbei sind erste Maßnahmen bereits auf den Weg gebracht worden. Das Lenkungs-/Haushaltsgremium wird in der Folge z. B. in den Bereichen Beschaffung und Personal weitere Schritte beraten. 4. Die letzten Gebührenhaushalte sind aus dem Haushalt der Gemeinde herauszutrennen und in die Gemeindewerke zu überführen. Damit soll erreicht werden, dass Aufwand und Ertrag auch der Dienstleistung zugeordnet werden, für die sie bestimmt sind. Ergebnis: Diese sachgerechte Zuordnung von Aufwand und Ertrag wird vom Lenkungs-/Haushaltsgremium geprüft und soweit möglich umgesetzt. 5. Anstelle eines Einstellungstopps ist - solange die Haushaltssicherung droht - vor jeder Einstellung das Votum des Haupt- und Finanzausschusses einzuholen. Ergebnis: So wie vorgeschlagen. 6. Für die im Haushaltsjahr 2003 auslaufenden Darlehen ist das historische Kreditzinstief konsequent zu nutzen. Gegenüber der Planung könnten das schon im Haushaltsjahr 2003 bis zu 40 TEUR an Einsparungen fürhren, die auch der allg. Rücklage zugeführt werden. Für danach auslaufende Kredite (ab 2004) ist kritisch zu prüfen, ob eine Kreditablösung durch Veräußerung einer vertretbaren ha-Größe an Gemeindewald vorgenommen werden sollte. Noch einmal zum Merken: Dies hat nichts mit „Tafelsilber verscherbeln“ zu tun, weil der Erlös nicht zur Finanzierung des lfd. Verwaltungshaushaltes eingesetzt wird, sondern zur Schuldentilgung und damit zur Senkung der Zinslasten. Das ist auch dringend notwendig, denn wer garantiert uns in der Zukunft, dass Kommunalkredite aufgrund der Tatsache, dass Kommunen – im Gegensatz zu jedem Betrieb der Wirtschaft – nicht insolvenzfähig sind, weiter relativ günstig sind. Werden erst einmal Städte und Gemeinden einem inzwischen wirtschaftsüblichen Rating unterzogen, ist das wegen der desolaten Finanzlage vorbei. Kredite werden sich dann dramatisch verteuern. Deshalb muss die Zinslast runter. Ergebnis: Diese Maßnahme wird durch das Lenkungs- /Haushaltsgremium wie vorgeschlagen angegangen. 7. Gemeinsam wurden schon in der Sitzung des Haupt- und Finanzauschusses der mögliche Ansatz verworfen, die gesamten freiwilligen Leistungen der Gemeinde zur Disposition zu stellen, also die gemeindlichen Angebote und Unterstützungen in den Bereichen Sport, Jugend, Kultur, Soziales und so weiter. Dies bedeutet nicht, dass einzelne Leistungen nicht dahingehend überprüft werden müssen, ob die ursprüngliche Zielsetzung immer noch gegeben ist. Aber im Grundsatz bestimmen freiwillig Leistungen wesentlich das Profil unserer Gemeinde und unser Erscheinungsbild nach innen und außen. Denken Sie an die beispielhafte Arbeit der Vereine - wovon wir die „Wasserfreunde“ und „Kultur pur“ an dieser Stelle einmal exemplarisch herausgreifen. Ihnen allen danken wir ausdrücklich für ihre geleistete Arbeit zum Wohl und Ansehen der Gemeinde. Das ehrenamtliche Engagement ist ein starker Beweis, was in Zeiten knapper Kassen möglich ist. Freiwillige Leisutngen sind gewissermaßen auch eine moralische Verpflichtung der Gemeinde. Ich möchte meine Ausführungen nicht beenden, ohne auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung im Namen der SPD-Fraktion für die geleistete Arbeit zu bedanken. Wir sind sicher, dass wir diese schwierigen Zeiten mit Ihnen gemeinsam schultern können. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
 

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